Trauer hat viele Gesichter - und sie darf da sein
- Martina Gäde
- 22. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

Vergissmeinnicht auf einem Waldfriedhof an der Stelle alter Gräber
Trauer ist mein Herzensthema
Nicht nur, weil ich als Heilpraktikerin für Psychotherapie und Coachin Menschen auf ihrem individuellen Weg durch die Trauer begleite - sondern auch, weil ich selbst erfahren habe, wie tief sie gehen kann. Wie unglaublich schmerzhaft sie sein kann. Wie sie alles stilllegt, infrage stellt, verändert. Und wie sehr sie in unserer Gesellschaft noch immer verdrängt und tabuisiert wird.
Dabei ist Trauer zutiefst menschlich. Sie zeigt, dass wir geliebt haben. Traurig aber wahr - nur weil wir so sehr geliebt haben, tut der Abschied so sehr weh. Und weil jemand oder etwas fehlt, das wichtig war.
Warum es so wichtig ist, über Trauer zu sprechen
In unserer leistungsorientierten Welt scheint kein Platz für Trauer zu sein. Schon wenige Wochen nach einem Verlust wird erwartet, "wieder zu funktionieren". Viele fühlen sich mit ihrer Trauer allein - als müssten sie sie verstecken oder "schnell hinter sich bringen".
Doch Trauer lässt sich nicht wegdrücken - zumindest nicht unbegrenzt. Sie braucht Raum. Zeit. Mitgefühl. Und manchmal auch Worte und Tränen, die sie ausdrücken - oder ein Gegenüber, das einfach nur da ist.
Es kann unglaublich erleichternd für Menschen sein, mit ihrer Trauer einfach nur sein zu dürfen. Ohne Maske, ohne Erwartungen. Nur mit dem, was gerade da ist - ob Tränen, Leere, Wut oder Sprachlosigkeit.
Trauer ist individuell
Trauer betrifft uns alle. Und doch fühlt sie sich für jede:n anders an. Sie kommt in Wellen, manchmal still und leise, manchmal wie ein Tsunami. Manchmal schnell hintereinander, manchmal mit großem Abstand zueinander. Sie ist individuell, persönlich - so vielschichtig, wie die Menschen selbst.
Darum: vergleiche dich nicht mit anderen. Frag dich nicht, warum es "denen schon wieder gut geht". Und es ist auch in Ordnung, jeden Verlust anders zu empfinden und anders zu betrauern.
Jedes Gefühl darf sein - wirklich jedes
Trauer hat viele Facetten: Tränen, Wut, Leere, Sehnsucht, Schuld, Hilflosigkeit, manchmal sogar Erleichterung.
All das darf da sein. Kein Gefühl ist "falsch". Es gibt keinen richtigen Weg - und auch keinen Zeitrahmen. Das vielzitierte "Trauerjahr" kann eine Orientierung sein (um jeden Geburtstag, jeden Feiertag und den ersten Todestag einmal erlebt zu haben), aber kein Ablaufdatum. Manche trauern still über Jahre hinweg, andere laut in wenigen Monaten oder umgekehrt. Beides ist okay.
Viele Menschen versuchen sich in ihrer Trauer "zusammenzureißen", sich anzupassen oder zu funktionieren. Doch Gefühle, die keinen Raum bekommen, verschwinden nicht einfach. Sie finden andere Wege, sich zu zeigen.
Warum es so wichtig ist, sich mit der Trauer auseinanderzusetzen
Ich weiß aus eigener Erfahrung, was passieren kann, wenn man die eigene Trauer übergeht. In einer Phase mehrfacher Verluste habe ich versucht stark zu sein, weiterzumachen, auszuhalten. Das Ergebnis: Mein Körper hat die Notbremse gezogen - mit Rückenschmerzen, einer Gastritis und völliger Erschöpfung.
Trauer, die nicht gefühlt wird, wird oft körperlich.
Der Körper spricht, wenn die Seele nicht gehört wird.
Sich der eigenen Trauer zuzuwenden ist keine Schwäche. Es ist ein Akt der Selbstfürsorge. Es ist Mut. Trauer will nicht einfach "weg", sie will gesehen werden. Und sie will begleitet werden - manchmal von einem selbst, manchmal von einem liebevollen Gegenüber.
Trauer darf sein - auch deine
Vielleicht trauerst du gerade. Vielleicht fühlt es sich an, als würdest du nicht mehr dazuzugehören zur Welt da draußen, die sich einfach weiterdreht. Vielleicht ist alles grau, still oder viel zu laut.
Ich möchte, dass du weißt: Du darfst trauern. In deinem Tempo. Mit all deinen Gefühlen. Ohne Rechtfertigung. Ohne Druck.
Wenn du das Gefühl hast, mit jemandem sprechen zu wollen - in einem geschützten, mitfühlenden Raum - bin ich gerne für dich da.
Du bist mit deiner Trauer nicht allein.
Und: Deine Trauer ist wichtig. Sie darf da sein.
Sie ist ein Ausdruck deiner Liebe und kein Ausdruck von Schwäche.
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